Pathophysiologie schlafbezogener Atmungsstörungen

Etwa 10% der Bevölkerung sind an einer schlafbezogenen Atmungsstörung (SBAS) erkrankt. Zu unterscheiden sind obstruktive Formen mit Einengung der extrathorakalen Atemwege, und nicht obstruktive. Die bekannteste und bedeutsamste ist die obstruktive Schlafapnoe, an der 4% der Männer und 2% der Frauen leiden. Ca. 10% der Bevölkerung weisen ein krankhaftes, obstruktives Schnarchen auf. Die Bedeutung der schlafbezogenen Atmungsstörungen liegen zum einen in ihrer subjektiven Symptomatik mit zunehmender Tagesmüdigkeit, Einschlafneigung, Leistungsverlust und Persönlichkeitsveränderungen, zum anderen insbesondere in ihrer erhöhten Mortalität, die in einer Studie im Jahre 1988 (He e.a..) bei der schweren obstruktiven Schlafapnoe 38,5 % in 8 Jahren betrug. Diese Daten wurden jüngst in mehreren großen Untersuchungen bestätigt. Dies zeigt die enorme klinische Bedeutung der nächtlichen Atmungsstörungen.

Die Pathophysiologie der SBAS ist uneinheitlich. Bei den nichtobstruktiven Formen gibt es Störungen des Atemzentrums, Erkrankungen des Gehirns, der Nerven, der Atemmuskeln oder des Skeletts, Erkrankungen der Lungen und der Pleura sowie Herzerkrankungen, die alle zu einer nächtlichen alveolären Hypoventilation führen können.

Die obstruktiven SBAS beruhen auf einer nächtlichen Obstruktion der oberen Atemwege, deren Ursache ebenfalls vielfältig ist. Genetische Disposition spielt eine Rolle, ebenso wie kraniofaciale Faktoren mit anatomischer Einengung der pharyngealen Atemwege, wie sie sich z.B. beim dolichofacialen Gesichtstyp mehr oder weniger ausgeprägt findet. Anomalien des Gesichtsschädels oder der Weichteile wie bei der Pierre-Robin-Sequenz, dem Francesetti-Syndrom oder dem Down-Syndrom können zu schweren SBAS führen. Uvulahyperplasie, Velumvergrößerungen und Hyperplasie der Rachen- oder Gaumenmandeln können die Atemwege einengen.

Eine wesentliche Rolle spielt auch das Körpergewicht. Es gibt eine enge Korrelation zwischen dem Halsumfang und der Ausprägung der obstruktiven SBAS. Letztlich können muskelrelaxierende Substanzen wie Alkohol oder bestimmte Pharmaka den nächtlichen Kollaps des Pharynx begünstigen.

SBAS führen durch die Minderbelüftung der Lunge zum nächtlichen Sauerstoffabfall und Anstieg des Kohlendioxid im Blut, durch die Atemanstrengung gegen verschlossene Atemwege zu vermehrten intrathorakalen Druckschwankungen, und durch beide Faktoren zu gehäuften Weckreaktionen, die den Schlaf zerstückeln und seinen Erholungseffekt konterkarrieren. Hierdurch werden die Patienten auf Dauer müde und schläfrig, und es werden eine Fülle mechanischer, nervaler, humoraler und hämodynamischer Mechanismen in Gang gesetzt, die Herz und Kreislauf belasten.

Es ist heute unumstritten, dass die erhöhte Sterblichkeit der schlafbezogenen Atmungsstörungen durch kardiovaskuläre Folge- und Begleiterkrankungen bedingt ist. Aus diesem Grunde widmet sich die schlafmedizinische Forschung in den letzten Jahren in zunehmendem Maße der Ergründung der Zusammenhänge zwischen nächtlichen Atmungsstörungen und Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems.

Freitag, 12. November 2010
Zeit: 14:00-14:45 Uhr
Ort: Forum, Analog
Ebene/Etage: 0
Prof. Dr. Martin Konermann

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Martin Konermann 
 
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