Logo Deutscher Zahnärztetag Prof. Dr. Dr. Knut A. Grötz (Wiesbaden)

Prof. Dr. Dr. Knut A. Grötz (Wiesbaden)

Risikomanagement Immunsuppression

 
Immunsuppression bezeichnet im Allgemeinen die Hemmung immunologischer Prozesse. Medizinisches Therapieziel ist dies, wenn unerwünschte Reaktionen des Immunsystems durch Immunsuppressiva unterdrückt werden sollen. Wichtige Indikationen sind

• Autoimmunerkrankungen (s.u.)
• Organtransplantation (um die Abstoßungsreaktionen zu kontrollieren) und
• nicht autoimmune Entzündungsreaktionen, z.B. schweres allergisches Asthma

Da Immunsuppressiva wenig selektiv wirken, kommt es zu einer systemischen Einschränkung der Abwehrlage, was das Infektionsrisiko steigert.

Daneben kann es durch systemische Erkrankungen (prominentestes Beispiel: HIV-Infektion) und auch nach körperlicher oder psychischer Überlastung zu einer Herabsetzung der körpereigenen Immunkompetenz (Zahl der Granulozyten, B- und T-Lymphozyten im Blut) kommen. Alle diese Varianten können Relevanz für die zahnärztliche Behandlung und Betreuung erhalten, da die intakte Abwehrlage für viele chirurgische Eingriffe in der Mundhöhle, den Schutz vor lokaler und systemischer Infektausbreitung darstellt. Das Ausmaß der tatsächlichen Immunkompromittierung und die Anzahl potentiell relevanter Erkrankungen bzw. Medikationen eröffnet ein für den Zahnarzt fast unübersehbar großes Feld.

Bei Autoimmunerkrankungen richtet sich das Immunsystem gegen körpereigenes Gewebe. Systematisch können die circa 60 definierten Krankheitsbilder eingeteilt werden in
1. Organspezifische Krankheiten (z. B. Sjögren-Syndrom)
2. Systemische Krankheiten (z. B. Kollagenosen).
3. Intermediäre Krankheiten (Misch- oder Übergangsformen)

Eine kausale Therapie ist nicht möglich, so dass Immunsupressiva hier eine häufige Indikation haben. Viele Immunsupressiva werden auch als Zytostatika, also zur onkologischen Chemotherapie, eingesetzt. Die jeweiligen Auswirkungen auf die Immunkompetenz werden durch Dosierung und Therapiedauer beeinflusst.

Für die zahnärztliche Betreuung immunkompromittierter Patienten sind – neben der Identifikation dieser Patientengruppe – die Intensivierung des Mundhygienestatus einerseits und die Einhaltung strenger OP-Kautelen (wie sie von Strahlentherapie- und Bisphosphonat-Patienten geläufig sind) andererseits zu berücksichtigen.
 
 
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