Logo Deutscher Zahnärztetag Prof. Dr. Dr. Torsten E. Reichert (Regensburg)

Prof. Dr. Dr. Torsten E. Reichert (Regensburg)

Der Risikopatient – Risikoprozessabläufe, Analyse, Bewertung, Entscheidung

 
In der Anamnese werden oft schon die entscheidenden Weichen gestellt.

Für die tägliche zahnärztliche Praxis ist es von sehr großer Bedeutung einen Risikopatienten zu erkennen und die richtigen Entscheidungen bezüglich der weiteren Behandlung dieses Patienten zu treffen. Die Grundlage der Analyse des Risikos bildet die sorgfältige Anamnese, die es erlaubt den Patienten in eine der Risikogruppen einzuordnen. Typische Risikopatienten sind Patienten mit folgenden Erkrankungen und Umständen:
Kardiovaskuläre Erkrankungen (Koronare Herzerkrankung, Angina pectoris, Herzrhythmusstörungen, Herzfehler, Endokarditis, Hypertonie), Hämorrhagische Diathesen, Atemwegserkrankungen, Stoffwechselerkrankungen (Diabetes mellitus, Hyper- und Hypothyreose), Infektionserkrankungen, Leber- und Nierenerkrankungen, Allergien, Immunsuppression, Schwangerschaft/Stillzeit.

Ergänzend dazu führt die oft umfangreiche Medikamenteneinnahme zu einem weiteren wichtigen Aspekt in der Risikobewertung, da die Medikamente einerseits positiv auf die allgemeine Grunderkrankung wirken aber andererseits zu einer beträchtlichen Erhöhung des Risikos für den Patienten im Zusammenhang mit der zahnärztlichen Behandlung führen können. Typische Beispiele für Medikamente mit Risikopotenzial für die zahnärztliche Behandlung sind Antikoagulanzien und Bisphosphonate.

Um das Risiko das Patienten beurteilen zu können sind in vielen Fällen noch weitere Informationen und Befunde bezüglich des Patienten notwendig wie spezielle Untersuchungsergebnisse (z.B. aktueller Gerinnungsstatus, Blutzucker, EKG, Lungenfunktion) oder die Einschätzung durch den Hausarzt oder den behandelnden Internisten. Das individuelle Risiko kann besonders hoch sein, wenn der Patient mehrere Grunderkrankungen mitbringt oder wenn sich die ungünstigen Wirkungen mehrerer, gleichzeitig eingenommener Medikamente addieren.

Nach der Bewertung des individuellen Risikos für den Patienten im Zusammenhang mit der geplanten zahnärztlichen oder zahnärztlich-chirurgischen Behandlung muss der/die Zahnarzt/-in die richtigen Entscheidungen treffen. Hieraus resultiert ein umfangreicher Fragenkatalog:
  • Welchen Patienten behandle ich selbst, welchen überweise ich in die Klinik?
  • Wie überwache ich einen Patienten mit bekannter Angina pectoris oder Herzrhythmusstörungen?
  • Welches Lokalanästhetikum gebe ich? - Mit oder ohne Vasokonstriktor?
  • In welchen Fällen muss ich/darf ich Marcumar oder ASS/Clopidrogrel absetzen und wann nicht?
  • Welche Blutstillungsmaßnahmen sollten prophylaktisch durchgeführt werden?
  • Wie behandle ich einen Patienten mit Diabetes mellitus? Welche Medikamente darf ich geben, welche nicht?
  • Wie behandle ich eine schwangere Patientin? Was darf ich tun, was nicht?
  • Welche Patienten benötigen eine Endokarditis-Prophylaxe, welche nicht?
  • Darf ich bei einem Patienten mit Bisphosphonat-Therapie implantieren oder nicht? Wie lauten die aktuellen Empfehlungen?
Viele dieser Fragen müssen im Entscheidungsprozess richtig beantwortet werden um das Risiko für den Patienten so gering wie möglich zu halten. Der Vortrag zeigt exemplarisch die notwendigen Risikoprozessabläufe hinsichtlich der Analyse, der Bewertung und der Entscheidung im Hinblick auf die zahnärztliche Behandlung auf.
 
 
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