Logo Deutscher Zahnärztetag PD Dr. M. Oliver Ahlers (Hamburg)
PD Dr. M. Oliver Ahlers (Hamburg)

Wieviel Funktion braucht die prothetische Restauration?

Samstag, 10. November 2012
Zeit: 12:00-12:30 Uhr
Ort: CC, Harmonie
Ebene/Etage: C2

Mit der Entwicklung immer leistungsfähigerer Techniken zur Herstellung von Zahnersatz setzt sich die Erkenntnis durch, dass eine physiologische Eingliederung des Zahnersatzes nicht nur biokompatible Materialien erfordert, sondern auch eine funktionelle Anpassung. Vor diesem Hintergrund sind in der Folge verschiedene funktionsanalytische Untersuchungs- und Simulationstechniken für die Zahnheilkunde von restaurativ tätigen Kollegensowie der Dentalindustrie entwickelt worden. Die Akzeptanz und Verbreitung dieser Verfahren war in Fachkreisen initial stetig zunehmend und es zeigte sich, dass Verbesserungen in der funktionelen Anpassung prothetischer Restaurationen die Entstehung craniomandibulärer Dysfunktionen vermeiden helfen. Nach dieser Phase der Euphorie trat dann eine gewisse Ernüchterung ein, wie bei vielen technologie-affine Disziplinen dem Prinzip eines Gartner Hype Cycle folgend. Dabei zeigte sich, dass nicht alle dysfunktionellen Entgleisungen durch Verbesserung der funktionalen Gestaltung von Zahnersatz zu beherrschen sind, und dass craniomandibulären Dysfunktionen nicht unbedingt durch Zahnersatz verursacht sind.

Mit diesen Erfahrungen hat mittlerweile die Gartner-Zyklus-typische Phase der produktiven Stabilisierung eingesetzt, verbunden mit der Erkenntnis, dass in Abhängigkeit von der Situation des Patienten und der geplanten Behandlung unterschiedliche funktionelle Cautelen zu treffen sind. In Bezug auf den Patienten erfordert dies, vor der geplanten prothetisch-restaurativen Behandlung im Rahmen einer stufenweisen Diagnostik-Kaskade zu prüfen, ob Anzeichen für das Vorliegen einer Dysfunktion bestehen. Ist dies der Fall, sollte diese zunächst mit einer entsprechenden Vorbehandlung korrigiert werden, bevor irreversible restaurative Maßnahmen erfolgen. In den Stellungnahmen der zuständigen Fachgesellschaften zur Funktionstherapie ist diese Abfolge entsprechend vorgegeben. In Bezug auf die prothetisch-restaurative Behandlung kann zudem näherungsweise gelten, dass der erforderliche Aufwand zur funktionell störungsfreien Behandlung allgemein mit dem geplanten Behandlungsumfang steigt. Zusätzlich und davon unabhängig steigt jener Aufwand überproportional mit der Anfälligkeit des Patienten für funktionelle Entgleisungen. Auch dies bedingt, vor Aufnahme einer prothetisch-restaurationen Behandlung zu prüfen, ob und in welchem Maße Anzeichen für dysfunktionelle Veränderungen bestehen (z.B. CMD-Kurzbefund), auch um ggf. zu prüfen, ob vor diesem Hintergrund die geplante Behandlung überhaupt und zu diesem Zeitpunkt indiziert ist.
Kommt die Behandlung zustande, so stehen heute technologisch anspruchsvolle Verfahren zur Verfügung, die auf Basis von Messwerten eine individuelle Simulation der Kaufunktion im Rahmen der Herstellung prothetischer Restaurationen ermöglichen. Perspektivisch besondders spannend ist dabei die künftige Datenintegration von Verfahren der instrumentellen Funktionsdiagnostik einerseits und der CAD/CAM-Herstellung von Zahnersatz andererseits.
 
 
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