Logo Deutscher Zahnärztetag
Freitag, 8. Nov. 2013
Zeit: 08:30-09:00 Uhr
Ort: CC, Harmonie
Ebene/Etage: C2

Rationierung, das heißt der Verzicht auf lebensnotwendige Güter, beherrscht seit der Vertreibung aus dem Paradies die menschliche Existenz. Üblicherweise ist der Preis das Ausschlusskriterium.
Nun wird im deutschen Gesundheitswesen aus sozial- und gesundheitspolitischen Gründen auf eine solche pretiale Steuerung verzichtet, in dem jeder Bürger Anspruch auf eine Regelversorgung hat. Auf diese Weise wird aus dem privaten Gut "Gesundheitsversorgung" ein öffentliches Gut.
Handelten bisher alle Akteure nach der Maxime "Handeln und Haftung" (Verantwortungsprinzip), so gilt jetzt das Paradigma "Handeln ohne Haftung", was entsprechend zu einem Verantwortungsvakuum führt. Die dadurch ausgelöste Verschwendung wird in Deutschland versucht, durch eine zentrale Budget- und Honorarsteuerung zu beheben. Die gelingt jedoch nur sehr unvollkommen, da nur sehr begrenzt die Situation auf der unteren Ebene der Akteure zentral adäquat abgebildet werden kann. Es kommt zu Fehlsteuerungen und Strukturverwerfungen mit den damit verbundenen finanziellen negativen Konsequenzen für die Krankenkassen und die Leistungserbringer. Als Ausweg bieten sich hier selektive Verträge zwischen den einzelnen Kassen und Leistungserbringern an.
Abgesehen davon, ist eine Rationierung im Gesundheitswesen unumgänglich, da in Zukunft die Ausgaben aufgrund des medizinisch - technischen Fortschritts (Halfway-Technologie) und der demografischen Entwicklung (Vergreisung) immer rascher wachsen als die Einnahmen. Hier erweist sich das in Deutschland herrschende Umlageverfahren (die gegenwärtig Erwerbstätigen finanzieren mit ihren Beiträgen die Gesundheitsausgaben der noch nicht (Kinder) und der nicht mehr Erwerbstätigen (Rentner)). Dieser sogenannte Generationenvertrag ist obsolet und somit ist er nicht mehr nachhaltig, wenn die Bevölkerung schrumpft. Ein Ausweg wäre, langfristig auf ein Kapitaldeckungsverfahren mit Prämien bei einem Ausgleich für ökonomisch Schwache umzustellen. Eine solche Umstellung scheitert aber gegenwärtig vor allem am Widerstand der politischen Parteien und der Krankenkassen.
Nichtsdestotrotz werden die Gesundheitsausgaben schneller wachsen als die Einnahmen, sodass eine Rationierung nur noch eine Frage der Zeit ist. Hierbei stellt sich dann allerdings die Frage nach der Priorisierung, d.h.: nach einer Rangfolge: Wer soll was, in welchem Umfang, von wem welche Leistung erhalten?
Es ist davon auszugehen, dass der Zahnbereich angesichts der begrenzten Ressourcen und des zunehmenden Drucks der Krebskranken nicht zu den wichtigsten Bereichen der Gesundheitsversorgung gehören wird und damit zunehmend einer Rationierung unterliegen wird. Ein Ausschluss der Leistungen der Zahnbehandlung aus der Erstattung durch die GKV wird sukzessiv und nicht schlagartig erfolgen. Hierbei ist es nicht nur eine Frage des Alters, aber wenngleich davon besonders ältere Menschen betroffen sein werden; für sie besteht allerdings die Möglichkeit, bereits jetzt durch eine entsprechende Zusatzversicherung dieser Entwicklung Rechnung zu tragen. Alles in Allem muss auch hier wie in anderen Bereichen der sozialen Sicherung mit Abstrichen der Leistungen gerechnet werden.

 
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