Die Korrelation des Kiefergelenks mit dem Abkaumuster natürlicher Zähne. Was erzählen uns archeologische Zahnfunde über die Lebensweise der Besitzer?

Die Korrelation des Abkaumusters mit der Bewegung des Kiefers und damit Kiefergelenks ist durch aktualistische Analysen belegt.

Statische Analysen natürlicher Zähne werden in der Zahnheilkunde und Anthropologie seit langem bereits zur Bestimmung der Lagebeziehung von Ober- und Unterkieferzähnen und zur Beschreibung der Höckermorphologie durchgeführt.

In der Zahnmedizin dienen die Ergebnisse u.a. der Rekonstruktion von Zahnkronen bei der individuellen Patientenversorgung. In der Anthropologie wird z.B. anhand des so genannten Zahnstatus das Individualalter von Skelettresten bestimmt, oder es werden auch Urmenschenarten durch morphologische und anatomische Merkmale an fossilem Zahnmaterial verglichen und differenziert. Bisweilen werden sogar durch die Art der Zahnabnutzung Rückschlüsse auf die Nahrungszusammensetzung unserer Vorfahren und anderer Tierarten abgeleitet.

Ergebnisse aus der Paläontologie belegen anschaulich eine Korrelation der Gebissleistung und der Gestalt der Zahnoberflächen.

Die Lagebeziehungen der Höcker und Fissuren der Primärmorphologie erschließen uns die primären Kontaktareale, die während der Intercuspidation von Ober- und Unterkieferzähnen möglich sind. Aufgrund der Interaktion der Antagonisten beim Kauvorgang entsteht durch Abnutzung auf den Kontaktarealen ein individuelles Abkaumuster. Das resultierende Abkaumuster besteht aus komplementären Facettenpaaren auf den Okklusionsflächen der Antagonisten Einige Faktoren, welche die Ausprägung der Sekundärmorphologie beeinflussen, sind direkt aus der individuellen Kiefergeometrie und der Primärmorphologie der Zähne zu messen. Andere, wie z.B. die Kiefergelenkbewegung, die Kaukraft, die Beweglichkeit der Zähne, oder die neuromuskuläre Koordination und die spezifische Kopfhaltung beim Kauen, sind nur durch komplizierte in vivo Messungen zu ermitteln.

Letzte Untersuchungen zeigen, dass die Sekundärmorphologie mit der Unterkieferbewegung korreliert und mittels digitaler Datenakquisition zu einem individuellen Bewegungssimulator führen kann.

So konnten die archäologischen Funde unserer Vorfahren zu einer modernen Restauration beim lebenden Menschen beitragen.

Sonnabend, 13. November 2010
Zeit: 10:00-10:30 Uhr
Ort: Maritim, Salon Berlin
Ebene/Etage: C1
Prof. Dr. Olaf Winzen

Prof. Dr. Olaf Winzen 
 
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