Moderne Versorgung mit Vollkronen – ist die Krone "out"?

Moderne restaurative Verfahren und insbesondere die vielfachen Möglichkeiten der Adhäsivtechnik erwecken den Anschein, dass man heute weitestgehend auf Kronen in der Routineversorgung von Zahndefekten verzichten kann. Zudem ist eine evidenzbasierte Indikationsstellung für Kronen nur sehr schwer herzuleiten. Dennoch gibt es nach wie vor eindeutige Einsatzgebiete für Kronen:

  1. Neuanfertigung von bereits vorhandenen insuffizienten Kronen und Brücken
  2. Implantatversorgung
  3. Kavitäten, bei denen eine plastische Restauration aufgrund erheblicher Zahnhartsubstanzdefekte nicht mehr alleine retentiv zu verankern ist.
  4. Stahlkronen bei Milchzähnen mit großen Zahnhartsubstanzdefekten (z. B. nach einer endodontischen Behandlung).
Relative Indikationen sind hingegen okklusale Korrekturen, Zahninfraktionen, Form- und Farbkorrekturen, große Kavitäten mit Gefahr der Zahnhartsubstanzfraktur nach erfolgter Versorgung mit plastischen Restaurationsmaterialien, multiple Defekte an einzelnen Zähnen, Teilfrakturen von Keramikverblendungen an Kronen. Häufig lassen sich diese relativen Indikationsgebiete heute auch mit Komposit- oder Keramikrestaurationen zufriedenstellend abdecken.

Bei Abwägung, ob eine Krone oder eine Restauration mit plastischen Materialien anzustreben ist, spielen zahlreiche Faktoren eine Rolle. So kann es bei einer Kronenpräparation zu einer Pulpitis oder Parodontitis periapikalis kommen. Das Parodont kann durch abstehende Kronenränder und falsche Konturierung von Kronen nach deren Insertion geschädigt werden.

Umgekehrt gibt es für zahlreiche postulierte Einsatzgebiete von Kompositen wenig bis keine Langzeitdaten, die mit denen von Kronenversorgungen vergleichbar sind. Ein systematisches Review zum Vergleich unterschiedlicher Versorgungen endodontisch behandelter Zähne verdeutlicht, dass die 10 Jahres-Überlebensrate von überkronten Zähnen höher ist, als die von Zähnen mit plastischen Restaurationen. Andere Übersichtsarbeiten zeigen hingegen, dass die Überlebensrate von direkten und indirekten Restaurationen von zahlreichen Faktoren wie Materialwahl, Patientenfaktoren und zahnärztlichem Geschick abhängig ist und daher der direkte Vergleich von Kronen und anderen Versorgungen kaum möglich ist.

Neben den rein wissenschaftlichen Betrachtungsweisen spielen selbstverständlich auch ethische und wirtschaftliche Aspekte bei der Wahl der Restaurationstechnik eine wesentliche Rolle. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Indikationsspektrum für Kronenversorgungen kleiner geworden ist, dass die Krone aber keinesfalls als Auslaufmodell zu betrachten ist.
 

Freitag, 12. November 2010
Zeit: 16:40-17:00 Uhr
Ort: Forum, Panorama 3
Ebene/Etage: 1
Prof. Dr. Elmar Hellwig

Prof. Dr. Elmar Hellwig 
 
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