Multizentrische randomisierte Studie zahnärztlich-prothetischer Therapieformen der verkürzten Zahnreihe: Hintergrund und Design

Unsere Wissensbasis zur prothetischen Versorgung verkürzter Zahnreihen ist nur wenig tragfähig. Die Wiederherstellung kompletter Zahnreihen ist im klinischen Alltag das wohl am häufigsten angestrebte Therapieziel. Dazu wird in der Versorgungsrealität oft herausnehmbarer Zahnersatz eingegliedert, da der Zugang zu Implantaten für viele Patienten nicht gegeben ist. Andererseits wurden in einer zunehmenden Zahl von Studien unerwünschte Nebenwirkungen von herausnehmbarem Zahnersatz und die Langzeitstabilität verkürzter Zahnreihen mit Prämolarenokklusion nachgewiesen. Der Nutzen des Molarenersatzes durch herausnehmbaren Zahnersatz ist Gegenstand einer kontroversen Diskussion, in der auch gesundheitsökonomische Aspekte eine Rolle spielen. Ziel des Projektes ist es, die bestehende Wissenslücke zur differenzialtherapeutischen Bewertung herausnehmbarer Zahnersatz versus verkürzte Zahnreihe durch valide Outcome-Daten zu schließen. In einer multizentrischen randomisierten kontrollierten Therapiestudie mit 14 deutschen Universitätskliniken werden Patienten mit vollständigem Molarenverlust in einem Kiefer eingeschlossen. Es werden die Wiederherstellung einer vollständigen Zahnreihe mit einer herausnehmbaren geschiebeverankerten Prothese (Therapiearm A) und die Erhaltung oder Herstellung einer verkürzten Zahnreihe mit Prämolarenokklusion (Therapiearm B) gegenübergestellt. Hauptzielgröße ist das Auftreten des ersten Zahnverlustes nach der prothetischen Versorgung. Nebenzielgrößen umfassen u. a. weiteren Zahnverlust und verschiedene Parameter mit Bezug zu Zahnhartsubstanzen, Pulpa, Parodont, Funktion, Zahnersatz und Lebensqualität. Im Vorfeld wurde eine Pilotstudie mit 32 Patienten durchgeführt. Zweihundertfünfzehn Patienten wurden zwischen 1/2001-2/2004 im Rahmen der Hauptstudie randomisiert, 109 für Therapiearm A und 106 für Therapiearm B. Nachuntersuchungen erfolgen 4-8 Wochen nach der Eingliederung sowie nach sechs und 12 Monaten, dann jährlich bis fünf Jahre. Der Abschluss der Nachuntersuchungen im Rahmen der Hauptstudie erfolgt im Dezember 2010. Die demographische Entwicklung der Bevölkerung mit einer deutlichen Zunahme von multimorbiden Patienten in höherem Lebensalter mit einer höheren Anzahl von eigenen Zähnen lässt die Frage nach der Versorgung von Patienten mit verkürzten Zahnreihen aktueller denn je erscheinen. Die Ergebnisse der Studie werden eine Neubewertung prothetischer Therapieziele ermöglichen. Wegen der gesundheitsökonomischen Dimension haben sie auch eine erhebliche Bedeutung aus der Public-Health-Perspektive. Registriert bei controlled-trials.com unter ISRCTN68590603 (Pilotstudie) und ISRCTN97265367 (Hauptstudie), gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unter DFG WA 831/2-1-2-6, DFG WO 677/2-1.1-2-2.1.

Freitag, 12. November 2010
Zeit: 16:00-16:45 Uhr
Ort: CC, Conclusio
Ebene/Etage: C2
Prof. Dr. Michael H. Walter

Prof. Dr. 
Michael H. Walter 
 
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