Gesundheitsbezogene Lebensqualität bei Kindern und Jugendlichen

Die Bedeutung der subjektiv wahrgenommenen Gesundheit – auch als gesundheitsbezogene Lebensqualität (LQ) bezeichnet – als ein wesentliches Beschreibungskriterium des Gesundheitszustandes ist vielfach betont worden. Im Gegensatz zu den klassischen medizinischen Kriterien zur Beurteilung des Gesundheitszustandes beinhaltet das Konzept der gesundheitsbezogenen LQ die Sichtweise der Betroffenen hinsichtlich ihrer körperlichen Funktionsfähigkeit und ihres psychischen Wohlergehens. Heute besteht ein Konsens hinsichtlich der wichtigsten Dimensionen der LQ von Kindern. Speziell für Kinder und Jugendliche relevante Dimensionen sind z. B. die Selbstwahrnehmung/ Selbstwert, die wahrgenommene Qualität der Beziehung zu Eltern oder Freunden sowie das schulische Wohlbefinden.

Gegenüber der Messung der LQ bei Kindern und Jugendlichen bestanden lange Zeit Vorbehalte, die inzwischen aber durch die Entwicklung validierter Instrumente weitgehend überwunden sind. Die LQ kann heutzutage alters- und entwicklungsangepasst untersucht werden. Da sich Eltern- und Kinderurteile unterscheiden, bietet die Fremdeinschätzung zwar eine zusätzliche Information, sie kann die Selbstauskunft jedoch nur in geringem Maße ersetzen. Bei älteren Kindern und Jugendlichen werden vorrangig die eigenen Aussagen für Therapieentscheidungen herangezogen. Die Erfassung der gesundheitsbezogenen LQ kann dabei helfen, Subgruppen oder Individuen zu identifizieren, die ein höheres Risiko für Gesundheitsprobleme aufweisen. Außerdem trägt sie dazu bei, die mit einer bestimmten Erkrankung oder Behinderung verbundenen Belastungen zu bestimmen, und kann dabei helfen, mögliche Beeinträchtigungen des Wohlbefindens und Funktionierens frühzeitig aufzudecken. Anwendungsbeispiele zeigen, dass die Untersuchung der LQ auch in der Pädiatrie zur Bedarfsermittlung, Entscheidungsfindung und Qualitätskontrolle beitragen kann. Die Hinwendung zur LQ deutet eine veränderte Haltung in der Medizin an. In Zukunft könnte die subjektive Gesundheit auch der jungen Patienten zu einem Maßstab des medizinischen Handelns werden, kann und soll aber das intensive Gespräch zwischen dem Arzt, seinem jungen Patienten und dessen Eltern nicht ersetzen.

Freitag, 12. November 2010
Zeit: 14:50-15:15 Uhr
Ort: Maritim, Maritim III
Ebene/Etage: C1
Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer

Prof. Dr. 
Ulrike Ravens-Sieberer 
 
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