Logo Deutscher Zahnärztetag Oberfeldarzt Prof. Dr. Ralf Vollmuth (Würzburg)
Oberfeldarzt Prof. Dr. Ralf Vollmuth (Würzburg)

Zwischen Therapiefreiheit und Gehorsamspflicht. Fachliche Differenzen in einem Unterstellungsverhältnis

Samstag, 10. November 2012
Zeit: 11:00-11:45 Uhr
Ort: Forum, Analog
Ebene/Etage: 0

Der zu diskutierende Fall:

In einer Zahnarztgruppe der Bundeswehr, die von Oberfeldarzt Dr. KA geleitet wird, stellt sich Hauptfeldwebel JM vor, der seit längerem Patient von KA ist und dessen viermonatiger Auslandseinsatz kurz bevorsteht: Er hat Beschwerden am wurzelbehandelten Zahn 16. Da Oberfeldarzt KA gerade gebunden ist, übernimmt Stabsärztin BE die Behandlung. Der Zahn ist klopfempfindlich und es zeigt sich eine leichte Schwellung; die mesiale Wurzel weist eine apikale Aufhellung auf.
Stabsarzt BE erläutert JM die Möglichkeit einer zahnerhaltenden Wurzelspitzenresektion und die damit verbundenen Risiken. Von einer Extraktion rät sie hingegen ab, woraufhin sich JM für die WSR entscheidet. Als BE dies kurz mit ihrem Chef bespricht, ist dieser anderer Ansicht: Wegen des bevorstehenden Auslandseinsatzes fordert er BE auf, den Zahn zu extrahieren, um eventuellen Komplikationen vorzubeugen.
BE ist verunsichert – sie hält den Zahn für erhaltungswürdig und ist nicht gewillt, ihn vorsorglich zu "opfern". Sie erinnert sich, von einer Remonstrationspflicht gelesen zu haben, wonach Beamte dienstliche Weisungen auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen und im Zweifelsfall Einwände anzumelden haben.

Fragen:

Wie soll sich BE verhalten? Hat sie die Meinung des Vorgesetzten als bindende fachliche Weisung zu verstehen oder ist sie im Rahmen der Therapiefreiheit nicht an die Gehorsamspflicht gebunden? Ist es unkollegial, sich bei dieser nur kurzfristigen Übernahme der Behandlung in die „Patientenführung“ des Vorgesetzten einzumischen? Wie trägt sie den ethischen Prinzipien Nichtschadensgebot, Gebot des Wohltuns und Respekt vor der Patientenautonomie am besten Rechnung?
 
 
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